Donnerstag,

4. April 2024

Moderation: Esther Csapo Ö1 - Büchertisch: facultas


19.30 Uhr

Begrüßung


19.40 Uhr

Männer

Alles unterscheidet den Erzähler von seinem Bruder Konrad, dem Juristen und Familienvater, der in einem schönen Haus wohnt und ein konventionelles Männerbild fortschreibt. Doch jetzt ist der Vater gestorben, die beiden Brüder müssen gemeinsam das Ergebnis organisieren - und erstmals hat der Erzähler seinen großen Bruder etwas entgegenzuhalten: ein selbstbestimmtes Leben als Balletttänzer, als schwuler Mann, als eigensinniger Single. Die alten Konflikte brechen auf, aber Versöhnung kann es vielleicht auch geben, ohne das Leben des anderen ganz zu verstehen.

 

Mit schmerzhafter Offenheit, Witz und Zärtlichkeit erzählt Moritz Frank Beichl in seinem neuen Roman Männer (Residenz Verlag, 2024) von zwei ungleichen Brüdern und der Suche nach alternativen Bildern von Männlichkeit.

Moritz Franz Beichl, geboren 1992 in Wien, wo er auch lebt. Als Regisseur machte er sich in Deutschland und Österreich einen Namen mit queeren Klassikerinszenierungen und erhielt dafür etliche Preise, darunter 2019 den Nestroy- und 2023 den Kulturpreis des Landes Niederösterreich. 2022 erschien sein Debütroman Die Abschaffung der Wochentage sowie sein erstes Theaterstück Effi, Ach, Effi Briest (S. Fischer Verlag).


20.00 Uhr

Sund

Als sich das Eintreffen ihrer Geliebten weiter verzögert, beschließt die Erzählerin, allein nach Lykke aufzubrechen. Auf der Insel merkt sie schnell, dass dort trotz des vermeintlichen Idylls etwas nicht stimmt. Die Menschen sind verschlossen, bestimmte Fragen dürfen nicht gestellt werden und Besuch sollte besser bald wieder verschwinden. Doch die Erzählerin bleibt und findet heraus, dass dieser Ort einst Schauplatz von Zwangssterilisationen war. Plötzlich beginnt sich die düstere Geschichte der Insel mit ihrer eigenen Familiengeschichte um den Urgroßvater, der sich im Nationalsozialismus für rassenhygienische Maßnahmen stark machte, zu verschränken.

 

Laura Lichtblau umkreist in ihrem zweiten Roman Sund (C.H. Beck, 2024) Lücken, wie sie nach dem Krieg in vielen deutschen Familien geschaffen wurden.

Laura Lichtblau, 1985 in München geboren, lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Berlin. Ihre Lyrik und kürzere Prosa wurden in zahlreichen Magazinen und Anthologien veröffentlicht. Ihr erster Roman Schwarzpulver erschien 2020 bei C.H. Beck.


20.20 Uhr

Elias Hirschl
Zsolnay Verlag

© petra weixelbraun

Die halbe Welt

Die Welt geht unter. Doch bis dahin arbeitet die Erzählerin in Elias Hirschls neuem Roman in der Content-Farm Smile Smile Inc. und schreibt sinnbefreite Listenartikel, die Klicks generieren sollen (Nummer 7 wird Sie zum Weinen bringen!). Die sind genauso bedeutungslos wie die Memes und Youtube-Videos, die ihre Kolleginnen produzieren oder die Startups, die ihr Freund Jonas im Wochenrhythmus gründet, während die Stadt brennt.

 

Elias Hirschl gelingt mit Content (Zsolnay, 2024) erneut eine Romansatire, dieses Mal über die Generation ChatGPT. Politisch, prophetisch und zumindest so lange lustig, bis einem das Lachen im Hals stecken bleibt.

Elias Hirschl wurde 1994 in Wien geboren, wo er auch lebt. Er ist Autor, Musiker, Slam Poet und schreibt für Theater und Radio. 2020 erhielt er den Reinhard-Priesnits-Preis. Bücher u.a. Meine Freunde haben Adolf Hitler getötet und alles, was sie mir mitgebracht, ist dieses lausige T-Shirt (Milena, 2016), Hundert schwarze Nähmaschinen (Jung und Jung, 2017) und Salonfähig (Zsolnay, 2021).


20.40 Uhr

20 Min. Pause


21.00 Uhr

Luca Mael Milsch
Haymon Verlag

© ana maria sales prado

Sieben Sekunden Luft

Drei Monate sind vergangen, seit Selah sich krankgemeldet hat, um zu verschwinden, doch die gewünschte Einsamkeit wird unerwartet zur Triebfeder für Vergangenes und Verdrängtes: Aufgewachsen in bescheidenen Verhältnissen, ist Selahs Beziehung zur Mutter von Erwartungsdruck, Schweigen und Scham geprägt - sie begleiten Selah bis Erwachsenenalter hinein. Als die Mutter im Sterben liegt und Selah längst ein Leben mit der eigenen Familie führt, werden die noch immer klaffenden Wunden offenbar.

 

Im Debütroman Sieben Sekunden Luft (Haymon, 2024) schreibt Luca Mael Milsch von Fragilität, die zu Stärke wird, von einer Welt voller Ambivalenzen - und darüber, was von uns übrigbleibt, wenn alles andere verschwindet.

Luca Mael Milsch ist freie*r Übersetzer*in, Lektor*in und Kurator*in, Moderator*in und Autor*in. Neben zahlreichen Übersetzungen, zuletzt Happy End (S. Fischer Verlag) von Andrew Shawn Greer, Publikationen in Anthologien, Literaturzeitschriften und Magazinen. Für einen Auszug davon war Milsch Stipendiat*in in der Prosawerkstatt des LCB.


21.20 Uhr

Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten

Eine Frau sitzt in einem Hotelzimmer und denkt darüber nach, alles hinter sich zu lassen. Zerrissen von einer unbestimmten Unzufriedenheit, getrieben von Überforderung nimmt sie einen Übersetzungsauftrag an, der alles verändert. Historische Briefe von deutschen Auswanderern zerschmettern ihr Hotelvakuum und im Austausch mit fremden Toten mit unerwarteten Wegen stellt sich die Frage nach dem guten Leben überraschend anders.

 

Die konkrete Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fremder Menschen führt in Slata Roschals zweitem Roman Ich möchte Wein trinken und auf das Ende der Welt warten (Claassen/Ullstein, 2024) zu einem neuen Blick auf die eigene Existenz.

Slata Roschal, geboren 1992 in Sankt Petersburg, lebt in München. Sie erhielt zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. den Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern und das Arbeitsstipendium des Freistaats Bayern. Bereits erschienen sind ihre Lyrikbände Wir verzichten auf das gelobte Land (Reinecke & Voß, 2019) und Wir tauschen Ansichten und Ängste wie weiche, warme Tiere aus (Hochroth Verlag, 2021). 153 Formen des Nichtseins, ihr Romandebüt, wurde 2022 für den Deutschen Buchpreis nominiert und mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet.


21.40 Uhr

Florian Dietmaier
Droschl Verlag

© helmut lunghammer

Die Kompromisse

Peter, Jahrgang 1929, lebt ein klassisches Diplomaten-Dasein: Er muss regelmäßig seinen Wohnort wechseln, die Welt bereisen und in unterschiedlichen politischen Ämtern Lösungen verhandeln, Strippen im Hintergrund ziehen, im Vordergrund taktvoll sein sowie Familie und Karriere unter einen Hut bringen. Kurzum: Er muss viele Kompromisse eingehen.

 

In seinem Debütroman Die Kompromisse (Droschl, 2024) zeichnet Florian Dietmaier in Etappen ein unermüdliches Leben für die Diplomatie, für die Familie mit allen Hochs und Tiefs nach, in dem nicht alle Bedürfnisse ausgelebt wurden.

Florian Dietmaier wurde 1985 in Graz geboren, wo er auch lebt. Er veröffentlichte literarische Texte in der Literaturzeitschrift manuskripte; 2019 erhielt er den manuskripte-Förderungspreis der Stadt Graz.


22.00 Uhr

Verleihung des Publikumspreises durch facultas